Vom sinnlichen Erlebnis zur farblichen Abstraktion

Das ausladende Foyer des Forums Merzhausen ist wie ge-schaffen für die großformatigen Bilder von Gabriele Vallentin, fordern diese doch Ausdehnung im Raum und Abstand für das Schauen. Nur sieben Bilder füllen die weiten Präsentationsflächen, mehr dürften es nicht sein. Ihr kompromissloser Abstraktions-grad ohne irgendeine vertraute gegenständliche Hilfestellung zwingt den Betrachter zur sub-jektiven Auseinandersetzung mit den zumeist streng geometrisch geordneten und gehaltenen Form- und Farbflächen, bei denen der rechte Winkel dominiert. Aber auch an diesem bodenständigen Prinzip kann man sich nicht un-mittelbar festhalten, denn es wird immer wieder partiell durch-kreuzt durch bewusst gesetzte unscharfe Farbübergänge. Die „Geschichte dahinter" ist also nur selbst und für sich zu entdecken.

Dabei, so Laudatorin Friede-rike Zimmermann in ihrer Rede bei der gut besuchten Vernissage am vierten Dezember, war das Frühwerk von Gabriele Val-lentin durchaus gegenständlich bestimmt, die Abstraktion hielt vor einer starken Dekade ihren Einzug in ihr Schaffen. Zim-mermann sah einen zeitlichen Zusammenhang mit der Hin-wendung der Künstlerin zum Großformat.

Aber ganz so verlassen steht man auch nicht vor den Bildern - sie haben immerhin Titel. Zum Beispiel heißen drei Bilder aus einer ganzen mit „Feuer" über-schriebenen Bilderserie „Phönix 1, 2 und 3", die in kräftigem Rot, Schwarz, Weiß und Orange ge-halten sind. Geballte Kraft geht von ihnen aus, man assoziiert sofort und unmittelbar selbst er-lebte Strandfeuer an Nord und Ostsee oder regionaler beim „Schiebeschlage". Natürlich stellt sich auch das geflügelte „Phönix aus der Asche" ein, wo-mit ein prachtvolles Neues aus der Destruktion des Alten be-zeichnet ist. Aber damit ist der Rezeptionsprozess lange nicht am Ende. Denn da sind eben die Unschärfen und das Durch-schimmern der an einigen Stel-len unbearbeiteten Leinwand, die ein bequemes Ausruhen auf dem ersten Eindruck untersagen und ein Weiterdenken provozieren. Fängt man in der Ausstellung bei diesem Trio an, steigt erst einmal der Blutdruckpegel um ein Beträchtliches. Anders der Prozess bei den drei in Pastell-tönen gemalten Bildern auf der dem Merzhauser Markt zuge-wandten Seite. „Seascape 4" und „Seascape 9" haben „Häuser am Meer" in ihre Mitte genommen. Mediterranes Blau, freundliches Grün, sonniges Gelb beruhi-gen, versetzen in positive Stim-mungslagen. Man vollzieht den Schaffensprozess der Künstlerin in genau umgekehrter Richtung: Bei ihr wird die reale Impres-sion einer Reise, einer Gegend, einer Stadt in je spezifische Farb-kompositionen abstrahiert, der Schauende muss sein geistiges Auge für sein eigenes Bildnis bemühen.

All dies sind Gründe genug, diese Ausstellung zu besuchen. Zugang zum Foyer des Forums ist während der dort stattfin-denden Veranstaltungen (siehe www.merzhausen.de) möglich. Ein besonderer Eindruck ent-steht aber auch, wenn die Bilder von außen durch die Glasfassade betrachtet werden. Sie sind bis 23 Uhr beleuchtet.

Gabriele Vallentin „Feuer und Wasser", Forum Merzhausen.
Bis 31. Januar 2019. Erich Kriege