Seascapes - Landscapes

Zu Beginn ihrer künstlerischen Entwicklung entstanden eher kleinformatige Arbeiten in Aquarell oder Öl mit traditionellen Themen aus Natur und Landschaft, zu denen sie auf ihren weiten Reisen inspiriert wurde. Vor einigen Jahren führte die Beschäftigung mit philosophischer Literatur zu einer Veränderung der Formensprache zu Gunsten des Ausdrucks in Farbe. Seither entsteht vorwiegend großformatige polychrome Farbfeldmalerei in Öl, die Gabriele Vallentin in einer der Aquarellmalerei entlehnten Lasurtechnik ausführt, das heißt, die Farbe wird in einem aufwendigen Prozess in mehreren Schichten hauchdünn auf den jeweils getrockneten Grund der vorangegangenen Schicht aufgetragen. Der Malduktus hat eine fein verschliffene Struktur ohne sichtbare Pinselspuren. Die dabei entstehenden stumpfen intensiven Farboberflächen, die sich dem Betrachter unmittelbar ohne jeden Reflex auf umgebende Lichteinflüsse präsentieren, suggerieren vage schwebende Räume mit nahezu bodenlosen Tiefen in den dunklen Farbpartien.

Dieses Gestaltungsprinzip wird zum Bildprogramm. Es entstehen Bilder, deren Inhalte nach wie vor von Reiseeindrücken inspiriert sind, nun aber in den spezifischen Farben der erinnerten Gegenstände ihre reduzierende abstrahierende Entsprechung finden.

Die Werke, die in den letzten Jahren entstanden sind, tragen die zusammenfassende Bezeichnung Transitions. Allen Bildern dieser Werkgruppe ist das Interesse an „Übergängen" gemeinsam: Übergänge, Transitions, ist zum einen das Thema und stufenlose Übergänge von einer Farbe zur benachbarten ist auch formal-farbliches Gestaltungsprinzip. Die Formensprache erscheint reduziert - auf Gegenständlichkeit wird weitgehend verzichtet. Mit ihrem Konzept der Gestaltung von Übergängen als formalem Grundprinzip reflektiert die Künstlerin den philosophischen Ansatz einer zeitgenössischen Vernunftkritik, die von Wolfgang Welsch in seinem Werk "Transversale Vernunft" entwickelt wird. Im Mittelpunkt seiner Überlegungen steht die Notwendigkeit, Rationalität in der Gegenwart in dem Bewusstsein von Übergängen, Verbindungen und Verflechtungen in allen Bereichen des kulturellen Lebens zu entwickeln, So entstand unter dem Eindruck dieser Philosophie Farbfeldmalerei, in der Übergänge in kaum wahrnehmbaren Abstufungen als fließende Bewegungsform der Farben von einer zu anderen gestaltet wurden. Die Farbfelder gehen ineinander über, bleiben aber in den Zentren deutlich voneinander unterschieden. Durch das Verwischen der Grenzen wird auch zwischen kontrastierenden Farben vermittelt.

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Innerhalb der Transitions gibt es verschiedene Bildserien mit mehreren farbigen Varianten, jeweils als Referenz auf die unterschiedlichen kulturellen oder geographischen Besonderheiten denen die Künstlerin auf ihren weiten Reisen begegnet. Was Gabriele Vallentin in ihrem wachen Unterwegs-Sein auf diesen Reisen erfährt, sieht und erlebt, fixiert sie in zahlreichen Aquarellskizzen. Später zu Hause in ihrem Atelier konzentriert sie die Fülle der erlebten Wirklichkeit und gibt sie synonym als Farbe wieder. Das Wirkliche bleibt dabei Vorwand und die Erfindung, das Gestalthafte mit der erinnerten Farbe in Übereinstimmung zu bringen, wird nun zur Bildwirklichkeit. Die eigentliche Bildwirklichkeit jedoch entsteht erst durch den Rezipienten, wenn er das von der Künstlerin intendierte Erfahrungsangebot des Bildes, erkennt und annimmt.

Christiane Zahn. Einführungsrede zur Ausstellung in der Galerie Schindel, Freiburg, 24.4.2005. (Auszug)